Lange hat es gedauert, aber mittlerweile liegen zwei Modelle zur Reform der Grundsteuer aus dem Bundesfinanzministerium auf dem Tisch: ein wertabhängiges und ein wertunabhängiges. Die erste Variante mehr noch als die zweite bedeutet einen langjährigen und hohen bürokratischen Aufwand. Beide Vorschläge sind für sich politisch höchst umstritten. Es gilt immerhin, eine Lösung zu finden, die auch gerecht ist.
Selbst wenn es also eine neue Grundsteuer geben sollte, ist damit zu rechnen, dass eben diese auch schon wieder beklagt wird. Im Zweifel sogar, bevor sie tatsächlich umgesetzt wird. Die Unsicherheiten für die Kommunen verschwinden nicht, sondern bleiben weiter bestehen. Warum wagen wir also nicht etwas für Deutschland eher Ungewöhnliches und schaffen die Grundsteuer einfach ersatzlos ab?
Markus Kreuz ist Stadtkämmerer und Dezernent für Finanzen, Beteiligungen, Bildung, Sport und Abfallwirtschaft der Stadt Hamm.
Steuern abschaffen – ein heikles Thema
Gewiss: Mit der Abschaffung von Steuern tun wir uns schwer. Es sei nur an Steuerrelikte, wie die 1902 zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte eingeführte Schaumweinsteuer, erinnert. Oder an die laufende Diskussion zur Abschaffung des Solidaritätszuschlages.
Natürlich ist auch klar, dass bei einem Wegfall der Grundsteuer den Kommunen eine eigene Steuerquelle genommen würde. Die Grundsteuer soll schließlich eigentlich dazu dienen, Kommunen die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, um Investitionen in die Infrastruktur vorzunehmen. Ob das tatsächlich (noch) so ist, darf bezweifelt werden. Zumindest finanzieren viele Kommunen mittlerweile aus ihrer Grundsteuer auch Leistungen mit, die ihnen von übergeordneten politischen Ebenen auferlegt wurden.
Dieser Punkt wäre auch ein lösbares Problem. Eine eigene kommunale Steuerhoheit zu erhalten, ist auch ohne Grundsteuer möglich, wenn an die Diskussionen über ein kommunales Zuschlagsrecht auf die Einkommensteuer erinnert werden darf. Dieses Instrument könnte insbesondere hilfreich sein, wenn es darum geht, in exponierten Lagen Immobilienspekulationen zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern. Eine neue Steuer, wie die Grundsteuer C, ist dafür nicht nötig.
Grundsteuer: Zuverlässige Einnahmen, aber…
Bei allen bisherigen Vorschlägen zur Zukunft der Grundsteuer ist die Möglichkeit ihrer Abschaffung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Gern wird damit argumentiert, dass die Grundsteuer eine „zuverlässige“ Steuer für die Kommunen sei. Das ist sie: gut planbar, stetig und im Wesentlichen unabhängig von konjunkturellen Schwankungen.
Ist es wirklich die Aufgabe, als (kommunale) Finanzverantwortliche möglichst „sichere“ Steuern zu erheben? Ich denke, nein.
Aber ist das wirklich die Aufgabe, als (kommunale) Finanzverantwortliche möglichst „sichere“ Steuern zu erheben? Ich denke, nein. Es gibt keinen Grund, warum Städte besser gestellt werden sollten als Privatpersonen und Unternehmer. Jeder Bürger muss mit den negativen Auswirkungen eines wirtschaftlichen Abschwungs zurechtkommen. Warum dieser Grundsatz für die öffentliche Hand nicht gelten soll, ist nicht plausibel erklärbar.
Auch bei einem gesamtstaatlichen Blick auf die Steuereinnahmen gibt es derzeit wenige Argumente, warum nicht auf die Grundsteuer verzichtet werden kann. Die Steuereinnahmen sind hoch. Der Bund könnte die Kommunen für die wegfallenden Einnahmen aus der Grundsteuer entschädigen, wenn er denn seine finanziellen Spielräume nicht für eigene, teure neue Leistungen ausnutzen wollen würde.
Kompensation über Umsatzsteuer
Aber auch eine Kompensation wäre relativ einfach denkbar: Die Grundsteuer hatte im Jahr 2017 ein bundesweites Gesamtaufkommen von knapp 14 Milliarden Euro. Eine Erhöhung der Umsatzsteuer um 1,5 Prozentpunkte würde bereits die Ausfälle aus einer wegfallenden Grundsteuer kompensieren. Diese Mehrerträge aus der erhöhten Mehrwertsteuer könnten wiederum den Kommunen als Kompensation zur Verfügung gestellt werden. Denkbar wäre hierbei, zunächst über einen bestimmten Zeitraum die tatsächlichen Ausfälle auszugleichen, damit keine Stadt schlechter gestellt wird.
Nach einer Übergangszeit müsste perspektivisch der Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer angehoben werden, damit die Mehreinnahmen auch tatsächlich und dauerhaft auf der kommunalen Ebene ankommen. Ebenfalls könnte ein Gleichlaufprinzip etabliert werden, mit dem die Übertragung von Aufgaben und finanziellen Belastungen auf die Städte direkt und vollständig durch eine parallele Anhebung der Anteile an der Umsatzsteuer in gleichem Umfang ausgeglichen werden würde. Eine echte Konnexität entstünde.
Dieser Schritt brächte viele positive Nebeneffekte mit sich. Eine Gegenfinanzierung über die Mehrwertsteuer erhält die bisherige soziale Komponente. Höhere Einkommen sind in aller Regel kaufkraftstärker und trügen somit zur Gegenfinanzierung der Grundsteuer proportional stärker bei als niedrigere Einkommen. Gleichzeitig stellt sich eine gerechte Entlastungswirkung ein. Jeder – egal ob Mieter, Eigentümer oder Unternehmen – wird um genau den Betrag entlastet, den er vorher auch entrichtet hat.
Steuerverwaltung verschlanken
Ein weiteres Argument ist die Lage auf dem Immobilienmarkt. Gerade in den Ballungsgebieten steigen die Kauf- und Mietpreise kontinuierlich. was es für viele Menschen immer schwieriger macht, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Eine dauerhafte Reduzierung der zweiten Miete würde hier eine langfristige Entlastungswirkung entfalten, die auch künftig mit steigenden Zins- und Finanzierungskosten Eigentümern, Mietern und Unternehmern entgegenkäme.
Nicht zuletzt ermöglicht es, die Steuerverwaltungen zu verschlanken. Gleiches gilt für die Verwaltungsgerichte, die nicht selten ausgiebig mit Klageverfahren zu kommunalen Abgabenbescheiden behelligt werden. Es könnten personelle Kapazitäten freigemacht werden, die vor dem Hintergrund der zunehmenden Personalgewinnungsprobleme des öffentlichen Dienstes sinnvoll für andere wichtige Aufgaben zur Verfügung stünden. Es gibt also viele gute Gründe, die es wert wären, die Grundsteuer abzuschaffen.
Info
Dieser Beitrag erscheint zugleich in der DNK-Ausgabe 4/2018, die ab dem 14. Dezember erhältlich ist.
Aktuelle Entwicklungen und Meinungen zur Reform der Grundsteuer – auf der DNK-Themenseite Grundsteuer zum Nachlesen!