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Whistleblower-Richtlinie fordert Kommunen heraus

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Kommunen ab 10.000 Einwohnern und öffentliche Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen Ende des Jahres die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzen und ein internes Hinweisgebersystem einrichten. Zudem sollten sie Vorkehrungen treffen, um Hinweis­geber vor denkbaren Repressalien zu schützen.

Bis zum 17. Dezember 2021 muss die EU-Whistleblower-Richtlinie in natio­nales Recht umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund der gescheiterten Koalitionsver­handlungen in Bezug auf das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz und des Endes der laufenden Legislaturperiode ist zwar mit einer rechtzeitigen Umsetzung nicht mehr zu rechnen; da die Richtlinie aber konkret genug und unbedingt ist, dürfte sie in weiten Teilen dennoch unmittelbare Wirkung auf Kommu­nen und kommunale Unternehmen entfalten.

Denn während die unmittelbare Wirkung einer Richtlinie zwischen Privaten grundsätz­lich ausgeschlossen ist, gilt die Richtlinie bei öffentlichen Arbeitgebern und Kommunen unmittelbar. Der Hintergrund dieses höhe­ren Maßstabs für Kommunen und öffentliche Unternehmen ist, dass die öffentliche Hand nicht davon profitieren soll, wenn die Bun­desrepublik Deutschland Richtlinien nicht fristgemäß umsetzt. Daher gelten Richtlinien unter Umständen direkt, so auch im Fall der Whistleblower-Richtlinie.

Geltendes Recht

Die nationalen Behörden müssen somit auf jeder Ebene die betreffenden Bestimmungen der EU-Whistleblower-Richtlinie als gelten­des Recht beachten. Damit sind auch Länder, Kommunen und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts zur Beachtung der Richtlinienbestimmungen verpflichtet. Kom­munale Unternehmen und Kommunen sind angehalten, spätestens zum Dezember 2021 interne Hinweisgebersysteme einzurichten und zu betreiben.

Diesen Schritt sollten Kommunen allein schon deshalb gehen, weil potentielle Hin­weisgeber, wenn sie schon einen vermeintli­chen Missstand melden, diesen zuerst intern melden sollten. Finden diese potentiellen Hin­weisgeber keinen internen Meldekanal, wen­den sie sich an Behörden – bei kommunalen Unternehmen zum Beispiel an die Kommunal­aufsicht – oder an die Öffentlichkeit, was sie unter Umständen auch ausdrücklich dürfen. Für viele Kommunen ist dies ein unbedingt zu verhinderndes Worst-Case-Szenario.

Ein weiterer Grund für die Einrichtung eines eigenen internen Hinweisgebersys­tems: Zur Gewährleistung der Einhaltung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge sind alle öffentlichen Auftraggeber auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene entsprechend ihrer Größe zur Einrichtung in­terner Meldesysteme angehalten.

Kommunen und öffentliche Unterneh­men müssen auch aus einem anderen Grund aufpassen: Gerade auf kommunaler Ebene ist die Liste denkbarer Meldungen von Hin­weisgebern lang. Nur beispielhaft ist hier an Hinweise von Beamten, Angestellten, Liefe­ranten und Dienstleistern in Bezug auf Ver­stöße gegen Vergaberecht, Haushaltsrecht, kommunale Satzungen sowie die jeweilige Gemeindeordnung zu denken. Da interne Vor­fälle intern bleiben sollten, ist die Einrichtung eines eigenen Hinweisgebersystems für die meisten Kommunen und öffentlichen Unter­nehmen sicherlich auch aus diesem Grund sinnvoll.

Hohe Anforderungen

Wichtigster Bestandteil bei der Implementie­rung und dem Betrieb interner Hinweisge­bersysteme ist die natürliche Person, die die Hinweise entgegennimmt. Die Anforderungen an diese Person sind hoch, denn sie muss Hinweise unabhängig und ohne Interessen­konflikte entgegennehmen und bearbeiten. Im besten Fall ist diese Person mit Complianceaufgaben vertraut und entsprechend ge­schult. Das interne Hinweisgebersystem sollte zudem persönliche und digitale Erreichbarkeit vorsehen. Zu empfehlen ist daher die persön­liche Ansprechbarkeit einer unabhängigen und geschulten Person, kombiniert mit einer einfach bedienbaren Whistleblowersoftware. Diese beiden Aspekte bilden in der Kombina­tion ein allen rechtlichen Anforderungen ent­sprechendes internes Hinweisgebersystem.

Die Kommune oder das öffentliche Un­ternehmen kann hierfür einen Mitarbeiter beauftragen oder einen externen Compli­ancebeauftragten engagieren. Gerade für kleinere Kommunen und öffentliche Unter­nehmen ohne eigene Compliancemitarbeiter werden diese hohen Anforderungen prakti­sche Schwierigkeiten mit sich bringen. Hier bietet die Beauftragung eines externen Com­pliancebeauftragten Vorteile. Denn die neuen Pflichten lassen sich gezielt outsourcen.

In jedem Fall sollten Kommunen und öf­fentliche Unternehmen zeitnah tätig werden und die Vorgaben der EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzen. Sie sollten Hinweisge­bern Anreize setzen, sich zuerst an das öffent­liche Unternehmen oder die Kommune selbst statt an eine externe Behörde oder gar an die Öffentlichkeit zu wenden.

info@hinweisgeberexperte.de

Autor

Dr. Maximilian Degenhart ist Rechtsanwalt und Compliance Officer (TÜV) und Geschäftsführer von Hinweisgeberexperte.de.

Info

Der Gastbeitrag ist zuerst in der Ausgabe 3/2021 von Der Neue Kämmerer erschienen.

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