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„Scheuen Sie sich nicht, Zahlen zu nennen“

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Herr Mastiaux, wie können Kommunen Fachkräfte und darunter insbesondere junge Menschen erreichen? Sind diese möglicherweise gar nicht mehr über den klassischen Weg im Staatsanzeiger zu finden? Grundsätzlich sind junge Fachkräfte gut vernetzt und offen. Es gilt daher als Arbeitgeber auf verschiedenen Kanälen präsent zu sein. Ein Social-Media-Auftritt auf den Karriereportalen Xing und LinkedIn ist 2021 ein Muss. Hier können sie nicht nur Stellenausschreibungen platzieren, sondern Kommunen können sich auch als attraktive Arbeitgeber darstellen – beispielsweise indem sie aktuelle Projekte, Konzepte oder auch einzelne Mitarbeiter oder Teams vorstellen. Genauso wichtig ist es, Netzwerke und Kooperationen aufzubauen, beispielsweise mit lokalen Hochschulen und Berufsverbänden. Idealerweise werden Potentialträger schon während ihrer Ausbildung beziehungsweise ihres Studiums auf künftige Arbeitgeber aufmerksam. Daran anschließend, muss es klar definierte Entwicklungskonzepte geben. Vom Praktikanten zum Werkstudenten zum Mitarbeiter und dann zur Nachwuchsführungskraft – das ist der ideale Weg, um Mitarbeiter langfristig zu binden.

Was sollten Kommunen bei der Ansprache genau beachten?
Es gilt Neues zu wagen. Beispielsweise über Radiowerbung, wie es die Stadt Elsdorf aktuell ausprobiert. Oder über die breitgefächerte Kampagne „Bonn macht Karriere“ der Stadt Bonn. Kommunalverwaltungen sollten sich zudem dessen bewusst sein, dass Mitarbeiter die besten Werbeträger sind. Die Mitarbeiterzufriedenheit sollte daher einen hohen Stellenwert haben. Über Plattformen wie Kununu haben sie die Möglichkeit, ihren Arbeitgeber zu bewerten – die Erfahrung zeigt, dass sich gerade junge Fachkräfte über diese Plattformen im Vorfeld einer Bewerbung informieren.

Aus der Masse der Stellenanzeigen herausstechen

Welche Erfahrungen haben Sie mit kreativen Stellenanzeigen bereits gesammelt?
Es hilft, aus der Masse der Stellenanzeigen herauszustechen – insbesondere im öffentlichen Dienst, wo sich aufgrund der rechtlichen Bestimmungen viele Anzeigen in ihren Anforderungsprofilen ähneln. Dies ist über verschiedene Wege möglich: Über in der Anzeige inkludierte Fotos und Bilder, wie beispielsweise die Skyline einer Stadt, das Team der Feuerwehr oder ein Imagebild. Oder über eingängige Headlines, insbesondere aber auch über plakative, nachvollziehbare, auf den Punkt gebrachte Tätigkeitsbeschreibungen.

Die Gemeinde Empfingen hat jetzt die Erfahrung gemacht, dass sie beim nächsten Mal noch besser erklären muss, was sie von den Kandidaten genau erwartet, da sich auch viele Menschen aus anderen Bereichen gemeldet hatten …
Die Anzeige muss zu den potentiellen Bewerbern, die man ansprechen möchte, passen. Wird eine Verwaltungsexpertin oder ein Verwaltungsexperte gesucht, sollten entsprechende klassische Begriffe zur Einordnung der Stelle auftauchen. Möchte man IT-Kräfte rekrutieren, die die Digitalisierung voranbringen, kann der Ausschreibungstext kürzer und knackiger formuliert sein, eventuell kann ein QR-Code eingefügt werden, über den weitere Informationen zu finden sind. Rechtliche Rahmenbedingungen gilt es in jedem Fall zu beachten, auch das Anforderungsprofil sollte trennscharf dargestellt werden. Eine Option kann jedoch sein, eine kürzere, ansprechendere Anzeige in den unterschiedlichen Portalen zu veröffentlichen, auf der ein Link zu weiteren Informationen angegeben ist.

Kommunen können bei der Formulierung mutiger sein.

Was sollten Kommunen generell bei der Gestaltung von Anzeigen beachten?
Vor der Formulierung der Anzeige sollten sich die Entscheidungsträger darüber klar sein, welches Profil inklusive der Erfahrungen und Fähigkeiten gesucht wird – daran kann und sollte sich die Anzeige dann orientieren. Zudem machen wir häufig die Erfahrung, dass im Sinne der Anforderungen viel erwartet, aber vergleichsweise weniger geboten wird – beides sollte sich, auch im Layout der Anzeige, die Waage halten. Bei der Formulierung der Anzeige können Kommunen dann ruhig mutiger sein und verschiedene Varianten ausprobieren.

Entscheidungsträger agieren vergangenheitsbezogen

Wie lassen sich nach Ihrer Erfahrung Kämmerer am besten ansprechen?
Kämmerer und Kämmerinnen haben ein gesteigertes Interesse an Zahlen, Daten, Fakten. Darauf sollte man bei der Anzeigenformulierung achtgeben, beispielsweise durch sachorientierte, konkrete und auf den Punkt gebrachte Formulierungen der Kernaufgaben. Scheuen Sie sich nicht, auch Zahlen zu nennen, zum Beispiel zum Haushalt oder zu Budgets. Ein Alleinstellungsmerkmal kann zudem die Ausgestaltung der Position sein. Geht es um eine reine Kämmererfunktion? Gibt es Beteiligungen? Geht es um die komplette Verantwortung für die Querschnittsbereiche Finanzen, Personal, IT, Zentrale Dienste? Eine Frage, die uns Bewerber häufiger stellen, ist die Relevanz des Auswahlverfahrens. Potentielle Bewerber möchten erkennen, dass es sich um ein offenes, transparentes Verfahren handelt und dass nach dem Grundsatz der Bestenauslese, beispielsweise über ein mehrstufiges Auswahlverfahren, vorgegangen wird. Am besten wählt der Arbeitgeber einen ausreichend langen Ausschreibungszeitraum. Zudem kann er das beabsichtigte Auswahlverfahren schon in der Anzeige aufzeigen.

Auf welche künftigen Veränderungen sollten sich Kommunen schon heute einstellen?
Viele Kommunen sind sehr gefangen. Das liegt daran, dass eine Reihe von Entscheidungsträgern immer noch zu stark vergangenheitsbezogen agieren. Sie wählen daher zuerst den Weg der herkömmlichen Anzeige. Viele schließen die Direktansprache zu Beginn sogar häufig ganz aus. So wird es immer schwieriger werden, geeignete Kandidaten zu finden. Gerade kleinere Kommunen müssen sehr deutlich machen, warum es sich lohnt, bei ihnen zu arbeiten. Mit dem Gehalt allein können sie nicht überzeugen. Dazu kommt, dass die Wechselmotivation in Zeiten von Arbeitnehmermärkten hoch ist und noch weiter steigen wird. Junge Kräfte wechseln im Schnitt nach drei bis vier Jahren – unabhängig davon, ob sie verbeamtet sind oder nicht. In großen Städten gibt es Personen, die sich nur mit Active Sourcing beschäftigen. Kleinere müssen sich überlegen, ob sie sich auf dem Gebiet im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit zusammentun, um nicht abgehängt zu werden.

ak.meves@derneuekaemmerer.de

Info

Weitere Hintergründe und Nachrichten finden Sie auf der DNK-Themenseite Karriere.
Anne-Kathrin Meves

Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.