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Nachhaltigkeit versus Wirtschaftlichkeit: ein Balanceakt

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Der Druck, energieeffiziente Maßnahmen zu implementieren, wächst angesichts des Klimawandels und der steigenden Energiekosten stetig. Die Reduzierung, der für die Klimaerwärmung maßgeblichen Treibhausgase (insbesondere durch CO2), ist in Deutschland das zentrale Handlungsfeld der ökologischen Nachhaltigkeit. Mit einem Anteil von rund 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen, stehen der Gebäudebestand und der Neubau besonders im Fokus. Doch wie können Kommunen diesen Spagat meistern?

Energieeffizienz als Investition betrachten

Insbesondere im Bereich der kommunalen Liegenschaften stehen den Kommunen als Eigentümer, Bauherren und in den meisten Fällen auch Nutzer, umfassende Steuerungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Einiges wurde bereits erreicht, dennoch sind vor dem Hintergrund der angestrebten Klimaneutralität in den nächsten Jahren umfangreiche, auf CO2-Neutralität fokussierte, Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen notwendig. Kommunale Entscheidungsträger sollten Energieeffizienz in diesem Kontext nicht ausschließlich als zusätzlichen Kostenfaktor, sondern unter anderem auch als Investition in die Zukunft sehen. Denn langfristige Einsparungen durch einen geringeren Energieverbrauch können die Anfangsinvestitionen in energieeffiziente Technologien und Maßnahmen in vielen Fällen mehr als ausgleichen.

Öffentliche Gebäude bieten ein großes Potenzial zur Energieeinsparung. Schulen, Rathäuser und Sporthallen sind oft energetisch veraltet und verursachen hohe Betriebskosten. Durch energetische Sanierungen, wie die Dämmung von Fassaden, den Austausch von Fenstern und die Installation moderner Heizungs- und Lüftungssysteme, können erhebliche Einsparun-gen erzielt werden. Der Einsatz erneuerbarer Energien, wie Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern öffentlicher Gebäude, trägt zusätzlich zur Reduktion der Energiekosten bei.

Insbesondere die Umsetzung von möglichst nachhaltigen bzw. „grünen“ Investitionen im kommunalen Hochbau ist in der Regel eng verknüpft mit Fragestellungen zu gegebenenfalls passenden Zuschüssen von EU, Bund oder Land sowie zur sinnvollen Kombination der Zuschüsse mit Finanzierungsprodukten. Durch gezielte Zuschüsse und (Förder-)Kredite können die finanziellen Belastungen initialer Investitionen gemindert werden. Ökologische und ökonomische Aspekte gehen hierbei Hand in Hand: Der durch Fördermittel gewonnene Finanzierungsspielraum erweitert die Möglichkeiten zur Umsetzung nachhaltiger beziehungsweise „grüner“ Vorhaben.

Ganzheitliche Planung und nachhaltige Beschaffung

Eine nachhaltige Kommunalfinanzierung erfordert eine ganzheitliche Betrachtung. Es reicht nicht aus, punktuelle Maßnahmen umzusetzen. Stattdessen sollte ein umfassender Plan er-stellt werden, der alle Aspekte der kommunalen Infrastruktur berücksichtigt. Von den Gebäu-den über die Straßenbeleuchtung bis hin zur Abfallwirtschaft und Mobilität. Dabei ist es essenziell, nachhaltige Beschaffungskriterien einzuhalten. Produkte und Dienstleistungen sollten nicht nur nach dem günstigsten Preis, sondern auch nach ihrer Umweltfreundlichkeit und Langlebigkeit ausgewählt werden. Insbesondere die rechtzeitige Planung von nachhaltigen Hochbauprojekten und die damit verbundene Frage nach langfristigen Wirkungen auf Liquidität, Haushalt und Bilanz fordert die kommunalen Akteure zunehmend heraus.

In den Kommunalverwaltungen sind darauf aufbauende fundierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auch vor diesem Hintergrund ein wichtiges Thema. Zum einen spielt dabei die Wirtschaftlichkeit verschiedener Varianten von Infrastrukturinvestitionen, beispielsweise die Modernisierung oder der Neubau eines Schulgebäudes, eine wesentliche Rolle. Zum anderen sollten auch unterschiedliche Beschaffungsoptionen für eine nachhaltige Flächenbereitstellung betrachtet werden: konventionelle Planung und Einzelvergabe im Vergleich zu alternativen integrierten oder partnerschaftlichen Beschaffungsmodellen. Die Identifikation der wirtschaftlichen (und somit ökonomisch nachhaltigen) Lösung zur Deckung von neuen oder geänderten Flächenbedarfen, zum Beispiel an Schulen, Verwaltungsgebäuden oder Feuer- und Rettungswachen, stellt eine weitere Herausforderung dar. Auch ökologische Aspekte, wie der CO2-Ausstoß oder Flächenversiegelungen, könnten bereits qualitativ in die Bewertungen unterschiedlicher Varianten einbezogen werden.

ÖPP können eine bedeutende Rolle einnehmen

In diesem Kontext können auch öffentlich private Partnerschaften (ÖPP) eine bedeutende Rolle einnehmen. Durch die Aufgabenteilung und Umsetzung zwischen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren können die Haushalte entlastet und eine wirtschaftliche Umsetzung gewährleistet werden. Durch die enormen Investitionsbedarfe in unsere Infrastruktur kann es sinnvoll sein, stärker an derartige Kooperationsmodellen zu denken.

Die Integration von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ist für Kommunen eine komplexe, aber lösbare Aufgabe. Durch eine Kombination aus langfristiger Planung, effizienter Ressourcennutzung und moderner Technologie können nachhaltige Maßnahmen nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch die kommunalen Finanzen stärken. Die Herausforderung besteht darin, den Mut zu haben, in zukunftsweisende Projekte zu investieren und die Vorteile einer nachhaltigen Entwicklung langfristig zu erkennen und zu nutzen. Nur so kann der Weg zu einer nachhaltigen und wirtschaftlich gesunden Kommune erfolgreich beschritten werden.

Autor

Hendrik Wiegandt ist Kundenbetreuer (Prokurist) für Öffentliche Kunden bei der NRW.BANK und Hochschuldozent an der HSPV NRW.

hendrik.wiegandt@nrwbank.de

Info

Erfahren Sie mehr zum Thema beim 20. Deutschen Kämmerertag: Beim Arbeitskreis „Hochbau: Balanceakt Nachhaltigkeit versus Wirtschaftlichkeit“ wird es um das Praxisbeispiel einer Förderschule des Kreises Lippe gehen. Dieses zeigt, wie Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit miteinander vereint werden können. Melden Sie sich an, wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!