Seit Inkrafttreten des § 2b UStG 2017 sind einige Jahre vergangen, so dass von einer „Neuregelung“ kaum noch die Rede sein kann. Dennoch wurde die Altregelung § 2 Absatz 3 UStG in ihrer alten Fassung noch nicht vollständig abgelöst, wie es die Vorgaben des Unionsrechts eigentlich verlangen. Denn der Gesetzgeber gewährte den juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) zur Anpassung an die neue Rechtslage eine großzügige Übergangsfrist mit der Option zur Anwendung der alten Rechtslage. Anlässlich der darauffolgenden Krisen (Pandemie, Krieg et cetera) sowie noch ausstehenden Klärungsbedarfs wurde dieser Optionszeitraum zweimal um jeweils zwei Jahre verlängert. Damit sollte 2025 Schluss sein.
Im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 ist jedoch eine erneute Änderung des § 27 Absatz 22a Satz 1 UStG vorgesehen. Die Option zur Anwendung des § 2 Absatz 3 UStG in seiner alten Fassung soll um zwei weitere Jahre bis zum 31.12.2026 verlängert werden. Das wäre ein historisch langer Übergangszeitraum im deutschen Steuerrecht. Danach könnten optierende Kommunen die endgültige Anwendung des § 2b UStG ein drittes Mal vertagen. Nun stellt sich die Frage, ob – im Falle der erneuten Verlängerung – ein (vorzeitiger) Einstieg oder eine weitere Verschiebung der Umstellung sinnvoll ist.
„Doch was schon zweimal funktioniert hat, tut es auch ein drittes Mal. So zumindest die Einschätzung im Referentenentwurf.“
Christian Trost
Für den Widerruf der Optionserklärung sprechen organisatorische Aspekte. Wer die Anwendung des § 2b UStG weiter hinauszögert, riskiert, das Verständnis seines Fachpersonals zu verlieren. Sollte die Überprüfung und Anpassung sämtlicher potentiell umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalte erneut in der Fortsetzung des Status quo enden, dürfte dies die Bereitschaft zur Fortsetzung der Umstellungsbemühungen eintrüben. Dies wiederum führt zu Fehlern bei der Abrechnung, deren Aufarbeitung im Rahmen der Steuererklärungen erheblichen Mehraufwand verursacht. Eine zusätzliche Fehlerquelle besteht in der Verunsicherung des Personals. Dieses muss weiterhin geschult werden, um die richtige Anwendung der geltenden Rechtslage zu gewährleisten.
Weiter Weg zur Verlängerung
Darüber hinaus verlangt die Abweichung von der geplanten Umstellung zum Jahresanfang 2025 den Einsatz von ohnehin knappen personellen Ressourcen. Die im Hinblick auf die Neuregelung bereits getroffenen Maßnahmen müssten für zwei weitere Jahre an die alte Rechtslage angepasst werden, um später wieder „reaktiviert“ zu werden. Viele Kommunen haben bereits wesentliche Vorkehrungen getroffen. Sie haben Projektpläne erstellt, Umsatzsteuersätze bzw. -schlüssel hinterlegt, Parkscheinautomaten umgerüstet, die IT-Infrastruktur adjustiert und nicht zuletzt die Verträge an die neue Rechtslage angepasst. Sofern die jeweils vereinbarte Umsatzsteuerklausel nicht mit einer weiteren Optionsverlängerung kompatibel ist, müssten sie diese wieder korrigieren, um nicht die Problematik des § 14c UStG auszulösen, den unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis.
Dazu kommen wirtschaftliche Erwägungen. Mitunter wurden für den derzeit verbindlichen Geltungszeitraum des § 2b UStG Bauprojekte unter Berücksichtigung eines Vorsteuerabzugs geplant bzw. begonnen. Fällt der Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung durch die Verschiebung in den Optionszeitraum, macht dies unter Umständen eine Berichtigung der Vorsteuerbeträge gemäß § 15a UStG erforderlich. Doch je länger man die alte Rechtslage über den Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung hinaus fortsetzt, desto geringer fällt das Vorsteuervolumen im maßgeblichen Berichtigungszeitraum aus. Sofern Vorsteuern aus den bereits bezogenen Eingangsleistungen geltend gemacht wurden, weil ursprünglich von der Geltung des § 2b UStG bei Inbetriebnahme ausgegangen wurde, wäre dies insofern (nachteilig) zu korrigieren.
§ 2b: Fortsetzung kann günstigere Option sein
Nichtsdestotrotz kann die Fortsetzung der alten Rechtslage die günstigere Handlungsoption sein. Erstens kommt unter Anwendung der alten Fassung des § 2 Absatz 3 UStG die Nichtaufgriffsgrenze bei einem Betrieb gewerblicher Art von derzeit 45.000 Euro auch im Rahmen der Umsatzsteuer zum Einsatz. Zweitens bleibt der gesamte Bereich der Vermögensverwaltung von der Umsatzsteuer unberührt. Gleiches gilt für Beistandsleistungen zwischen jPöR. So können diese einander weiterhin ohne Umsatzsteuer Personal aus dem Hoheitsbereich stellen, allgemeine Verwaltungstätigkeiten erbringen oder Gebäude zur Nutzung überlassen, solange diese hoheitlichen Zwecke der beziehenden jPöR dienen. Außerdem könnte der Eintritt in die §-2b-UStG-Welt auch bei Bürgern für Unmut sorgen, wenn Kommunen sich gezwungen sehen, Dienstleistungen mit Umsatzsteuer zu belasten. Letztlich bliebe mehr Zeit zur Klärung von problematischen Sachverhalten – sei es im Wege der verbindlichen Auskunft oder eines BMF-Schreibens.
Gleichwohl sind Kommunen wie auch andere jPöR gehalten, sich auf die Anwendung des § 2b UStG 2025 einzustellen und die Umstellungsarbeiten inklusive der dringend notwendigen Implementierung von Tax-Compliance-Management-Systemen fortzusetzen. Denn vor der Optionsverlängerung liegt noch ein weiter Weg. Bis aus dem Referentenentwurf ein Regierungsentwurf wird, zu dem Bundesrat und Bundesregierung jeweils Stellung bezogen haben, der anschließend vom Bundestag beschlossen und vom Bundesrat abgesegnet wurde, kann sich noch einiges ändern. Hinzu kommt eine etwa erforderliche Auseinandersetzung mit der EU-Kommission, die bereits anlässlich der ersten Verlängerung der Übergangsfrist zu Ende 2022 darauf hinwies, dass die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen von entscheidender Bedeutung sei und eine Prüfung der Auswirkungen auf den Wettbewerb in jedem Fall erfolgen müsse. Doch was schon zweimal funktioniert hat, tut es auch ein drittes Mal. So zumindest die Einschätzung im Referentenentwurf.
christian.trost@bdo-concunia.de
Info
Christian Trost ist Partner und Steuerberater bei der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Geschäftsführer der BDO Concunia GmbH.