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Tübinger Verpackungsteuer rechtmäßig

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Die Verpackungsteuer, die die Stadt Tübingen seit 2022 erhebt, ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverfassungsgericht heute entschieden. Das Gericht wies eine Verfassungsbeschwerde des Franchisenehmers einer Fast-Food-Kette, die sich gegen die entsprechende städtische Satzung richtete, zurück. Zuvor hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht zugunsten des Tübinger Modells geurteilt.

Örtlichkeit der Verpackungsteuer bestätigt

Das Bundesverfassungsgericht untermauerte insbesondere den lokalen Bezug der Verpackungsteuer im Sinne einer kommunal erhobenen, örtlichen Verbrauchsteuer. Auch wenn in Einzelfällen Speisen und Getränke über die Stadtgrenze hinaus mitnehmbar sind, fokussiere die Steuer doch grundsätzlich die Abgabe von Einwegmaterial, das im Zusammenhang mit dem Verzehr vor Ort steht. Insofern sei der „notwendige Ortsbezug des Verbrauchs ohne weiteres“ gegeben, so das Gericht.

Außerdem widerspreche der mit der Verpackungsteuersatzung bezweckte Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen nicht dem bundesweit gültigen Abfallrecht. Darüber hinaus stellt die Verpackungsteuer laut Bundesverfassungsgericht auch keinen illegitimen Eingriff in die Berufsfreiheit des Endverkäufers dar.

Palmer: „Guter Tag für den Umweltschutz“

Als erste Stadt in Deutschland erhebt Tübingen eine Verpackungsteuer. Die Stadt zielt darauf ab, den durch Einwegverpackungen entstehenden Abfall zu reduzieren und das Stadtbild davon zu entlasten. Einwegverpackungen und -geschirr werden mit 50 Cent besteuert, Einwegbesteck mit 20 Cent. Am Montag zog die Stadt ein positives Zwischenfazit seit Inkrafttreten der neuen Steuer. Diesbezüglich rechnet sie mit einem jährlichen Aufkommen in Höhe von 800.000 Euro. Die Zahl der Betriebe, die auf Mehrweglösungen setzen, habe sich in den vergangenen fünf Jahren vervierfacht.

„Die Verpackungsteuer wirkt, bringt Mehrweg-Lösungen voran und drängt die Müllflut im Stadtbild ganz wesentlich zurück“, sagt Oberbürgermeister Boris Palmer. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätige den Kurs der Stadt. Ihre juristische Hartnäckigkeit zahle sich aus. „Deshalb ist heute ein guter Tag für den Umweltschutz, aber auch für innovative Ideen der Kommunen in Deutschland.“ Das Urteil ebne anderen Städten den Weg, ähnlich gegen das zunehmende Müllaufkommen vorzugehen.

Städtetag erwartet Nachahmer

In diesem Sinne begrüßt der Deutsche Städtetag die Entscheidung des Gerichts. „Einwegverpackungen für Gerichte und Getränke zum Mitnehmen sorgen in den Städten für viel Müll und zusätzliche Entsorgungskosten“, sagt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Verbands. „Eine kommunale Verpackungsteuer kann einen Anreiz schaffen, häufiger auf Mehrweggeschirr zurückzugreifen. Sie kann ein wirksames Instrument gegen Littering in den Städten sein.“

Pro Stunde würden in Deutschland 320.000 Einwegbecher für Heißgetränke verbraucht. „Mit den Einnahmen aus der Verpackungsteuer können diese hohen Reinigungskosten ein Stück weit abgefedert werden“, meint Dedy. Er rechnet damit, „dass jetzt mehr Städte eine Verpackungsteuer lokal einführen werden“. Seit Januar gilt etwa in Konstanz bereits eine Verpackungsteuer.  

a.erb@derneuekaemmerer.de

Andreas Erb

Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Er arbeitet insbesondere an der Weiterentwicklung der Plattform #stadtvonmorgen und berichtet dabei vorwiegend über urbane Transformationsprozesse. Für die Redaktion von „Der Neue Kämmerer“ beleuchtet er diese Themen aus Perspektive der Kommunalfinanzen. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.