Die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen fallen ab diesem Jahr niedriger aus als noch bei der Steuerschätzung vom Mai 2024 erwartet. Zu diesem Ergebnis kommt die 167. Steuerschätzung, die Bundesfinanzminister Christian Lindner in der vergangenen Woche vorgestellt hat.
Insgesamt belaufen sich die Steuereinnahmen der Schätzung vom Oktober zufolge in diesem Jahr auf 941,6 Milliarden Euro. Im Vergleich zur Schätzung im Mai 2024 liegen die Steuereinnahmen nun im Durchschnitt der Jahre 2024 bis 2028 um rund 11,6 Milliarden Euro niedriger. Für das laufende Jahr fallen über alle Ebenen hinweg die Einnahmen um 8,7 Milliarden Euro niedriger aus als noch in der Maischätzung vorhergesagt.
Steuerschätzung: Steuereinnahmen der Kommunen sinken
Für die Gemeinden prognostiziert die aktuelle Herbstschätzung Steuereinnahmen in Höhe von 145,2 Milliarden Euro für das laufende Jahr. Im Mai waren noch 145,8 Milliarden Euro an Steuereinnahmen für die Kommunen erwartet worden. 2025 werden die kommunalen Steuereinnahmen mit 151,6 Milliarden Euro sogar um eine Milliarde Euro niedriger ausfallen als noch im Mai prognostiziert.
„Das Ergebnis der Steuerschätzung zeigt: Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Steuereinnahmen stetig sprudeln“, kommentierte Lindner die Ergebnisse in einer Mitteilung. Es brauche wirtschaftliches Wachstum. „Um das zu erreichen, müssen wir da weiter machen, womit wir gestartet sind: weniger Bürokratie, mehr private Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, weniger Regulierung, mehr Konzentration auf das Wesentliche“, sagte Lindner weiter. Neue Spielräume im Haushalt ergäben sich nicht. „Im Gegenteil: Wir werden zusätzlich konsolidieren müssen. Nicht jede staatliche Leistung wird noch möglich sein,” so der Bundesfinanzminister.
Deutscher Städtetag: Kein Spielraum für zusätzliche Aufgaben
Auch Vertreter der kommunalen Spitzenverbände zeigten sich ernüchtert angesichts der niedriger als noch vor wenigen Monaten erwartet ausgefallenen Schätzung. Auf absehbare Zeit werde das Wachstum der Steuereinnahmen größtenteils nur noch die Inflation ausgleichen können, mahnte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, in einer Mitteilung: „Der Bund und die Länder müssen sich ehrlich machen: Für zusätzliche Aufgaben und Ausgaben besteht kaum noch Spielraum – vor allem bei den Kommunen.“
Gerade die mittelfristige Entwicklung der Steuereinnahmen lässt laut Dedy alle Alarmglocken schrillen. Deutschland drohe eine lange Durststrecke, in der das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf praktisch nicht mehr wachse. „Um gegenzusteuern, müssten die Städte vor Ort klug investieren können“, sagt Dedy. Die Städte brauchten insbesondere mehr Beinfreiheit beim Einsatz von Fördermitteln. Doch die meisten Förderprogramme seien viel zu kompliziert. „Wir brauchen weniger Vorschriften, um die knappen öffentlichen Mittel wirkungsvoller einsetzen zu können,“ so der Hauptgeschäftsführer.
DStGB: Kein Einnahme- aber ein Ausgabenproblem
Ähnlich argumentiert auch André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). Die finanzielle Lage in den Städten und Gemeinden sei so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht mehr, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. „Trotz einer sich eintrübenden Entwicklung bei den Steuereinnahmen, muss aber auch festgehalten werden, dass Deutschland kein Einnahme- sondern zunächst einmal ein Ausgabenproblem hat.“ Dies gelte für alle staatlichen Ebenen, wenngleich die Kommunen hier kaum eigenen Handlungsspielraum zur Kostenreduzierung hätten.
Berghegger fordert daher ein „Aufgabenmoratorium und eine echte Konnexität“, um die Kommunen strukturell zu entlasten. Gleichzeitig sei die Erhöhung der gemeindlichen Anteile an den Gemeinschaftssteuern dringend geboten.
Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.