Um den kommunalen Klimaschutz strukturell stärker zu verankern, regt das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) eine Grundgesetzänderung an. In der Studie „Gemeinschaftsaufgabe kommunaler Klimaschutz“ vergleichen Institutsdirektor Carsten Kühl und Stadtforscher Henrik Scheller die Umverteilung von Umsatzsteuereinnahmen zugunsten des kommunalen Klimaschutzes mit der Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz in das Grundgesetz. Sie kommen zu dem Schluss: Zwar stellen sich für die Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe größere legislative Hürden, doch diese Option eignet sich besser als Finanzierungsformat für den kommunalen Klimaschutz.
Lokale Zuständigkeit und gesamtstaatliche Dimension
Dies führt die Studie insbesondere auf das Spannungsfeld zwischen den lokal fokussierten Zuständigkeiten von Kommunen und der gesamtstaatlichen Dimension der Aufgabe Klimaschutz zurück. Schließlich lassen sich Klimaschutzmaßnahmen in ihren Wirkungen kaum örtlich begrenzen und dienen der gesamten Gesellschaft. Demgegenüber obliegt die Finanzierung lokaler Maßnahmen meist der jeweiligen Kommune.
Sich daraus ergebende Komplikationen ließen sich am ehesten im Sinne einer Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommen entschärfen. Eine Gemeinschaftsaufgabe veranlasse auch dazu, stärker über die Grenzen kommunaler Gebietskörperschaften hinauszudenken. In der Studie heißt es dazu: „Es kann verhindert werden, dass Klimaschutzmaßnahmen nicht oder in zu geringem Ausmaß vorgenommen werden als dies unter Effizienzgesichtspunkten wünschenswert wäre, weil eine Kommune, die Maßnahmen ergreift, von denen auch die Bewohner einer anderen Kommune profitieren, dafür finanziell kompensiert werden kann.“
Gemeinschaftsaufgabe als Finanzierungslösung
Außerdem habe eine in der Verfassung verankerte Gemeinschaftsaufgabe weitere positive Effekte für die Finanzierung des Klimaschutzes gegenüber der Option Umsatzsteuerneuverteilung. „Da die Umsatzsteuer grundsätzlich nach der Einwohnerzahl verteilt wird, der klimapolitische Finanzbedarf aber nicht mit der Einwohnerzahl korreliert, kommt es tendenziell nicht zu einer bedarfsgerechten Mittelverteilung“, heißt es in der Studie für den Fall der Finanzierung des Klimaschutzes mithilfe der Umsatzsteuer. „Ebenso berücksichtigt die Verteilung nach der Einwohnerzahl nicht die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen.“ Auch die Frage des Nachweises der Mittelverwendung bleibe ohne weitergehende gesetzliche Regelungen offen.
Demgegenüber könnten bei der Finanzierung des kommunalen Klimaschutzes im Sinne einer Gemeinschaftsaufgabe „die Mittel gezielt dort eingesetzt werden, wo sie die größte ökologische Wirksamkeit entfalten“. Dabei könne auch die Finanzkraft der jeweiligen Kommune stärker ins Kalkül gezogen werden. „Dies trägt dem Postulat gleichwertiger Lebensverhältnisse Rechnung“, fasst die Studie zusammen. Fazit: „Die Gemeinschaftsaufgabe ist die Lösung, mit der Bund, Länder und Kommunen Klimaschutz gemeinsam vor Ort umsetzen können“, sagt Studienautor Kühl. Die difu-Studie wurde von der Klimaschutzorganisation Klima-Allianz Deutschland beauftragt und vom Bundesklimaschutzministerium gefördert.
Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Er arbeitet insbesondere an der Weiterentwicklung der Plattform #stadtvonmorgen und berichtet dabei vorwiegend über urbane Transformationsprozesse. Für die Redaktion von „Der Neue Kämmerer“ beleuchtet er diese Themen aus Perspektive der Kommunalfinanzen. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.