Nach Sondierungsgesprächen mit interessierten regionsangehörigen Kommunen ist im Jahr 2020 das Projekt „KfK – Kredite für Kommunen“ bei der Region Hannover (nachfolgend Region) gestartet.
Der Inhalt: Die Region sollte den Kreditbedarf mehrerer Kommunen in einer Summe aufnehmen und weiterleiten, so dass die Kommunen geringeren administrativen Aufwand hätten und von den vorhandenen Spezialkenntnissen im Finanzbereich sowie von den besseren Zinskonditionen der Region profitierten. Dadurch, dass die Region allein als Kreditnehmerin haften würde und durch die Bündelung höhere Kreditbeträge ausschreiben könnte, sollte den Kommunen ein Zugang zum attraktiven Markt für Schuldscheindarlehen und zu alternativen Geldgebern ermöglicht werden. Die Kreditkonditionen würde die Region unmittelbar an die Kommunen weiterreichen. Darüber hinaus stünde die Region als Gesprächspartnerin bei Zins- und Finanzierungsfragen zur Verfügung.
Keine kommunalrechtlichen Bedenken
Kommunalrechtliche Bedenken gegen das Projekt bestanden aufgrund des föderalen Aufbaus nicht. Die Kreditvergabe der Region an ihre Kommunen dient der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Nach § 3 Absatz 2 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) unterstützt die Region die angehörigen Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und sorgt für einen angemessenen Ausgleich der Gemeindelasten. Da die Gelder nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften überlassen werden, unterliegen sie nicht dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes (KWG). Eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach § 32 KWG war daher nicht erforderlich.
Mit dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport (MI) als zuständiger Aufsichtsbehörde hielt die Region engen Kontakt hinsichtlich der geplanten Gestaltung des Vorgehens, da keine haushaltsrechtlichen Vorgaben existierten. Das MI und die Region verständigten sich darauf, das Volumen der zur Weiterleitung vorgesehenen Kredite im Haushalt einzuplanen und sie in der Haushaltssatzung als getrennten Betrag neben der Kreditermächtigung für eigene Investitionen auszuweisen. Bei Nicht-Ausschöpfung könnte die Region einen Haushaltsrest bilden und diesen im Folgejahr in Anspruch nehmen.
Auch die politischen Gremien bei Region und Kommunen wurden informiert gehalten, da sie am Ende die Vorgehensweise und die angepassten Kreditrichtlinien beschließen mussten.
Teilnahme freiwillig
Die Teilnahme am Projekt „Kredite für Kommunen“ ist für jede Kommune freiwillig. Am Anfang der Zusammenarbeit steht ein Rahmenvertrag, der die Vorgehensweise und die allgemeinen Kreditbedingungen festlegt. Monatlich werden Kreditbedarf (Neuaufnahme oder Umschuldung) und gewünschte Rückzahlungsmodalitäten (Tilgungsrhythmus, Gesamtlaufzeit, Zinsbindung) abgefragt. Das Kreditmanagement der Region bündelt so weit wie möglich den Bedarf und sendet ein Kreditangebot an die Kommune. Die Kommune bestätigt die Annahme, woraufhin die Region die Ausschreibung durchführt. Nach der Zuschlagserteilung informiert die Region die Kommune über den für sie erzielten Zinssatz.
Während die Region einen umfangreichen Kreditvertrag mit der Bank bzw. dem Investor abschließt, unterzeichnet die Kommune nur eine kurze zusammenfassende Geschäftsbestätigung, die die wichtigsten Details des Einzelgeschäfts enthält.
Indem Meldung, Kreditangebot und -annahme sowie Ausschreibung, Auszahlung und weitere Bearbeitung des Darlehens zu wiederkehrenden Terminen erfolgen, stellen sich bereits nach kurzer Zeit bei allen Beteiligten zeitsparende Routinen ein. Seit der ersten Kreditaufnahme im Juni 2020 verzeichnet die Region eine jährlich steigende Nachfrage bis auf 123 Millionen Euro in 2023. Insgesamt hat die Region bisher 424 Millionen Euro mit attraktiven Zinssätzen zur Weiterleitung an die Kommunen aufgenommen.
Auch Liquiditätskredite möglich
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit Investitionskrediten gibt es seit 2021 auch die Möglichkeit, Liquiditätskredite über die Region aufzunehmen. Bei ausreichender Liquidität können täglich mit gleichtägiger Valuta Aufnahme, Erhöhung oder Reduzierung von Liquiditätskrediten beauftragt werden. Auch hier ermöglicht ein standardisierter Prozess eine schlanke Geschäftsabwicklung.
Das MI hat die Regelungen zur Haushaltswirtschaft, insbesondere die Grundsätze zur Finanzmittelbeschaffung in § 111 NKomVG, im November 2021 um einen Absatz ergänzt, der Landkreisen und der Region ausdrücklich erlaubt, für ihre kreis- und regionsangehörigen Kommunen Kredite und Liquiditätskredite aufzunehmen, zu bewirtschaften und die Zinsverrechnung durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu regeln. Somit ist das Projekt „KfK“ der Region ausdrücklich gesetzlich genehmigt und könnte auch in anderen Kreisen in Niedersachsen umgesetzt werden. Allgemeingültige Vorgaben zur Darstellung im Haushalt gab es weiterhin nicht. Die zusätzliche Kreditermächtigung bzw. deren Rest sind den kreditgebenden Banken unter Angabe des Haushaltsjahres genannt und von diesen in die Darlehensverträge bzw. Kreditzusagen aufgenommen worden.
Offene Fragen
Im Mai vergangenen Jahres hat das MI schließlich einen Erlass verabschiedet, der in Verbindung mit den neuen Zuordnungsvorschriften des Landesamts für Statistik Niedersachsen für den Haushalt 2024 einerseits eine erhoffte Konkretisierung gebracht hat: Die Kapitalveränderungen der KfK-Kredite werden nun bei der Region über getrennte Sachkonten gebucht und lediglich durchgeleitet. Sie finden keine Berücksichtigung mehr in Planung, Satzung oder Genehmigung.
Andererseits ist festzustellen, dass durch diese Präzisierung aktuell Irritationen bei der Zusammenarbeit mit Banken entstehen. Die Kreditbedingungen der meisten bundesweit agierenden Banken schreiben zwingend die Angabe eines Haushaltsjahres, der Kreditermächtigung und die Vorlage der entsprechenden Satzung mit Genehmigung, die der Kreditaufnahme zugrunde liegt, vor. Bei der Region als Kreditnehmerin gibt es diese durch die neuen Vorgaben 2024 nicht mehr. Hier gilt es, Lösungen zu finden, um das für viele Kommunen attraktive Modell auch unter den neuen Rahmenbedingungen erfolgreich fortzusetzen.
Autorin
Petra Warncke arbeitet im Kreditmanagement Region Hannover.
kreditmanagement@region-hannover.de
Info
Dieser Gastbeitrag ist zuerst in der aktuellen Ausgabe 2/2024 von Der Neue Kämmerer erschienen. Hier geht es zum E-Paper und hier zur Newsletteranmeldung
Dr. Sarah Döbeling ist gemeinsam mit Vanessa Wilke Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Sarah Döbeling hat Rechtswissenschaften in Kiel studiert und zu einem konzernrechtlichen Thema promoviert. Im Anschluss an ihr Volontariat bei der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH war sie bis 2015 Redakteurin des Magazins „FINANCE“ und verantwortete zudem redaktionell die Bereiche Recht und Compliance innerhalb von F.A.Z. BUSINESS MEDIA. Nach weiteren Stationen beim Deutschen Fachverlag und in einer insolvenzrechtlich ausgerichteten Kanzlei kehrte Sarah Döbeling im September 2017 in die F.A.Z.-Verlagsgruppe zurück und leitet seitdem die Redaktion der Zeitung „Der Neue Kämmerer“.