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Kommunalkredite: Banken suchen risikoarmes Geschäft

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Die Vergabe von Darlehen an Kommunen ist aus der Perspektive der Gesamtbanksteuerung in den vergangenen Jahren wieder attraktiver geworden. Allenthalben bekannt ist die Solva-0-Anrechnung auf das Eigenkapital der Banken. Während Kredite in der Regel mit 8 Prozent Eigenkapital unterlegt werden müssen, so ist dies bei Kommunen nicht der Fall und die Kosten des Eigenkapitals müssen nicht auf das Kommunaldarlehen „aufgeschlagen“ werden. In der Praxis ist es zumeist so, dass die Kommunalabteilungen der Banken den Städten und Gemeinden „Kommunalkredite“ und Darlehen, die aus dem Treasury-Bereich kommen und zumeist in Form eines Schuldscheindarlehens ausgereicht werden, anbieten.

Die geringe Eigenkapitalbelastung ist die Folge der de facto nicht existierenden Ausfallwahrscheinlichkeit. In Zukunft müssen Banken aufgrund der Kumulation von Krisen voraussichtlich mit einer Zunahme von Kreditausfällen rechnen. Dies wird dazu führen, dass auch das bestehende und nicht ausfallgefährdete Kreditbuch mit mehr Eigenkapital unterlegt werden muss. Will eine Bank künftig das Bilanzvolumen halten, so bleibt ein Engagement bei Kommunen vor diesem Hintergrund fast unumgänglich.

Ein weiterer Vorteil kommunaler Kredite aus Sicht einer Bank sind die vergleichsweise geringen Bearbeitungs- und Betreuungskosten. Dies hängt unter anderem mit der vorgenannten minimalen Ausfallwahrscheinlichkeit zusammen, aber auch mit regulatorischen Vereinfachungen wie zum Beispiel bei der Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 18 KWG in Verbindung mit § 21 Absatz 2 Nummer 1 KWG).

Schuldtitel deutscher Kommunen eignen sich zudem in besonderer Weise zur Hinterlegung als Sicherheit bei der deutschen Bundesbank. Oftmals kaufen Treasury-Abteilungen der Banken Schuldscheindarlehen als alternatives Instrument zu Anleihen. Die Banken erschließen sich somit Refinanzierungsquellen, die entweder für den Fall genutzt werden können, dass das Einlagengeschäft schwächelt, oder für den Fall, dass es zu teuer geworden ist. Die Banken reichen dann kommunale Schuldscheindarlehen bei der Bundesbank ein und erhalten in Abhängigkeit von der Restlaufzeit eine etwas niedrigere Finanzierung. Dieser Abschlag ist bei anderen nicht marktfähigen Papieren substantiell höher.

Hohe Relevanz des Anlagegeschäfts

Neben dem Angebot von Finanzierungen wird zudem das Geschäft mit kommunalen Einlagen aus Sicht der Banken wieder von wachsender Bedeutung sein. Denn auch von der Refinanzierungsseite können Banken einen besonderen Nutzen aus der Geschäftsbeziehung mit Kommunen ziehen.

Grundsätzlich können Banken Einlagen von Finanzkunden oder Nicht-Finanzkunden aufnehmen. Kommunen fallen unter die Nicht-Finanzkunden und werden gegenüber den Finanzkunden regulatorisch bessergestellt. Zentrale Kennzahlen der Banksteuerung sind hierbei die LCR (Liquidity Coverage Ratio) und die NSFR (Net Stable Funding Ratio).

Die LCR, die auch als Liquiditätsdeckungsquote bezeichnet wird, ist in der Banksteuerung eine Kennzahl zur Bewertung des kurzfristigen Liquiditätsrisikos von Kreditinstituten. Die LCR beschreibt das Verhältnis des Bestandes der als erstklassig eingestuften Aktiva zum gesamten Nettoabfluss der nächsten 30 Tage. Hierbei muss die LCR 100 Prozent oder mehr betragen. Aus praktischer Sicht für Kommunen ist dies der Grund, warum Banken oftmals gerne Kündigungsgelder von Kommunen als Anlagen in ihr Portfolio aufnehmen, die eine Mindestfrist von 35 Tagen haben.

Wird bei der LCR die kurze Frist von 30 Tagen betrachtet, so handelt es sich bei der NSFR um eine Kennzahl, die mit einem Jahr einen längeren Zeitraum im Fokus hat. Die NSFR ist eine Kennzahl, die der Optimierung der strukturellen Liquidität von Kreditinstituten dienen soll. Denn eine Strategie, bei der langfristige Ausleihungen kurzfristig refinanziert werden, setzt voraus, dass die Bank ihre auslaufenden kurzfristigen Schulden ständig umschulden kann.

Geldwäscherechtliche Vorteile

Ein weiterer Vorteil einer Geschäftsbeziehung mit Kommunen besteht in der relativ einfachen Handhabung des sogenannten Onboardings. Der Arbeitsaufwand im Rahmen des KYC-Prozesses ist wesentlich geringer, als dies bei Unternehmenskunden der Fall ist. Hintergrund sind Erleichterungen, die aus geldwäscherechtlichen Regelungen herrühren.

Kommunalkredite sowie auch kommunale Einlagen sind für Kreditinstute sinnvolle Instrumente zur Risikodiversifikation und Optimierung von regulatorischen Kennzahlen. Während Kommunalkredite durch eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit bei geringer Eigenmittelunterlegung punkten, glänzen kommunale Einlagen durch ihre Günstigerstellung bei Liquiditätskennziffern gegenüber Finanzunternehmen. Die Bedeutung des Kommunalgeschäfts für die Gesamtbanksteuerung nimmt zu. Dies eröffnet Kommunen wiederum attraktive Möglichkeiten, Finanzierungen und Geldanlagen bei Kreditinstituten abzuschließen.

Autor

Florian Becker ist Referent Strategische Grundsatzfragen bei der Volksbank Albstadt eG.
Dr. Bernd Nolte ist Managing Director bei der Wellebach Finanz GmbH.

bernd.nolte@wellebach.de

Info

Dieser Gastbeitrag ist zuerst in der aktuellen Ausgabe 2/2024 von Der Neue Kämmerer erschienen. Hier geht es zum E-Paper und hier zur Newsletteranmeldung.

Dr. Sarah Döbeling

Dr. Sarah Döbeling ist gemeinsam mit Vanessa Wilke Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Sarah Döbeling hat Rechtswissenschaften in Kiel studiert und zu einem konzernrechtlichen Thema promoviert. Im Anschluss an ihr Volontariat bei der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH war sie bis 2015 Redakteurin des Magazins „FINANCE“ und verantwortete zudem redaktionell die Bereiche Recht und Compliance innerhalb von F.A.Z. BUSINESS MEDIA. Nach weiteren Stationen beim Deutschen Fachverlag und in einer insolvenzrechtlich ausgerichteten Kanzlei kehrte Sarah Döbeling im September 2017 in die F.A.Z.-Verlagsgruppe zurück und leitet seitdem die Redaktion der Zeitung „Der Neue Kämmerer“.