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Aus dem Kämmerer-Archiv: Der „CFÖ“

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Den Städten und Gemeinden bleibt keine Wahl. Sie müssen wirtschaftlicher arbeiten. Eine Verwaltung kann sich künftig nicht mehr hinter dem Alibi „Daseinsvorsorge“ verstecken und annehmen, dass von irgendwoher für eine nicht gemessene Leistung eine Finanzierung kommt. Wie jedes privatwirtschaftliche Unternehmen auch, muss sie das Thema Effizienz künftig scharf ins Auge fassen. Dabei muss sie die Zahlen im Blick behalten, Entscheidungsprozesse verschlanken und Wettbewerb innerhalb der Verwaltung und gegenüber privaten Wettbewerbern zu lassen.

Behörden werden als Unternehmen gedacht, das bedeutet: Jeder Entscheider muss die Wertschöpfung seiner Funktion im „Konzern Kommune“ hinterfragen – und gegebenenfalls neu definieren. Insbesondere dem Kämmerer wächst dabei eine neue Rolle zu: Er wird nicht mehr in erster Linie der städtische Chefbuchhalter und Kassenwart sein. Der Kämmerer übernimmt die Aufgabe eines Finanz- und Performance-Strategen. Er entwickelt sich zum Controller, zum ersten Berater des Bürgermeisters und zum Marktbeobachter.

Diese Entwicklung ist nicht vollkommen neu. Vor bald 20 Jahren (Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde im Dezember 2004 erstveröffentlicht) setzte in den USA mit dem Schlagwort des „Shareholder Value“ das Denken in Wertkategorien aus Sicht der Aktionäre ein. Dieses Denken eroberte in den 90er Jahren auch deutsche Unternehmen.

Dieser Wandel hat die Privatwirtschaft enorm verändert, während sich der Wirkungsbereich des Finanzvorstandes (CFO) traditionell auf die Herrschaft über die Unternehmenszahlen beschränkte, befindet er sich heute auf Augenhöhe mit dem Vorstandsvorsitzenden (CEO). Es ist kein Zufall, dass der Wechsel des CFOs den Aktienkurs einer Gesellschaft sowohl in die Tiefe reißen als auch in die Höhe treiben kann. Und auch der Wechsel vom CFO- zum CEO-Posten – früher undenkbar – ist ein Zeichen, dass in diese Richtung weist.

Genau wie in der Privatwirtschaft bestimmt künftig der „CFÖ“, sprich der Kämmerer, den Entscheidungsspielraum einer Stadt. Er nimmt zwar nicht die Rolle des Wert-, wohl aber die des Leistungsstrategen ein. Der Kämmerer entwickelt die Maßstäbe für Qualität und Effizienz in der öffentlichen Verwaltung. Er ist der Hoffnungsträger und Motor des Wandels in einer wirklich nicht ganz einfachen Zeit.

v.wilke@derneuekaemmerer.de

Vanessa Wilke

Vanessa Wilke ist gemeinsam mit Sarah Döbeling Chefredakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster arbeitete Vanessa Wilke als freie Journalistin beim Handelsblatt, bis sie 2003 ihr Volontariat bei FINANCE begann. Dort entwickelte sie im Jahr 2004 die Zeitung „Der Neue Kämmerer“ sowie den „Deutschen Kämmerertag“ und leitete anschließend die Redaktion. 2017 begann sie mit der Entwicklung von „OBM – Zeitung für Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister“. 2020 folgte die Weiterentwicklung dieses Themenfelds in der Plattform #stadtvonmorgen, die seitdem ebenfalls zu ihrem Verantwortungsbereich zählt.