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Schienennahverkehr: Investitionen richtig finanzieren

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Die Finanzierung der Erneuerung der bundesdeutschen Infrastruktur ist spätestens seit der Fußballeuropameisterschaft das am meisten diskutierte Thema im öffentlichen Sektor, ja auch darüber hinaus – und das zu Recht. Nur: Woher sollen die Gelder kommen und wann sollen sie fließen?

Der Schienen-Personen-Nahverkehr (SPNV) ist von zentraler Bedeutung für die deutsche Verkehrs- und Klimapolitik. Mit seinem kontinuierlichen Wachstum stellt er Eisenbahnunternehmen und Aufgabenträger vor Herausforderungen – denn die erheblichen Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur müssen finanziert werden. Allein zur Deckung des Investitionsbedarfs für die Modernisierung und den Kapazitätsausbau der Deutschen Bahn sind 45 Milliarden Euro bis 2027 vorgesehen. Der große Investitionsbedarf der Infrastrukturprojekte erfordert solide Finanzierungslösungen, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und die Verkehrswende voranzutreiben.

Lange Projektphasen beachten

Was verbirgt sich hinter Infrastrukturprojekten des SPNV? Zumeist fokussieren sich die großen SPNV-Projekte auf den Bau und die Inbetriebnahme von Schienenfahrzeugen, insbesondere Zügen, um das kontinuierlich wachsende Netz schnellstmöglich nutzen zu können. Große Projekte im Bereich des SPNV erfordern die Zusammenarbeit mehrerer beteiligter Parteien. Zumeist initiieren und leiten die Projekte von den Bundesländern gegründete SPNV-Gesellschaften (wie zum Beispiel Landesanstalt Schienenfahrzeuge Berlin) – von Projektstart und Bestellung bis zur Bereitstellung der Fahrzeuge. Beteiligt sind neben den Herstellern der Fahrzeuge auch die jeweiligen Bundesländer, die mit Kapitaldienstgarantien eine günstigere Finanzierung ermöglichen.  

Neben dem hohen Volumen und den beteiligten Parteien sind die langen Projektphasen für Bau und Betrieb von besonderer Bedeutung. Ist die Bauphase nicht beendet, kann die Betriebsphase nicht beginnen – die Abhängigkeit ist sowohl aus Projekt- als auch aus Finanzierungssicht zu berücksichtigen, nicht zu vergessen die daraus resultierenden Haftungskonstellationen.

Durchdachte Finanzierungsstrukturen

Um der Komplexität der Infrastrukturprojekte gerecht zu werden, können und sollten neben klassischen Instrumenten wie Kommunaldarlehen vor allem die Möglichkeiten des Kapitalmarkts genutzt werden. Diese ermöglichen es dem Kreditnehmer, die Finanzierung der verschiedenen Projektphasen sowie der langen Nutzungsdauer der Fahrzeuge zu gestalten.

Auch die kommunale Forfaitierung, bei der auf Grundlage eines kommunalen Einredeverzichts von Forderungen Finanzierungsmittel zu Konditionen für Kommunaldarlehen dargestellt werden können, kann bei Infrastrukturprojekten eine sinnvolle Alternative sein. Diese Finanzierungsform findet bereits bei diversen städtischen Schulbauvorhaben Anwendung.

Vielfältiger Finanzierungsmix

Kapitalmarkttransaktionen, kommunale Forfaitierungsmodelle, Instrumente mit ESG-Bezug und Gemeinschaftsanleihen sind neben den klassischen Finanzierungsformen mittlerweile fester Bestandteil der Finanzierungsoptionen im gesamten öffentlichen Sektor geworden. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Denn nur mit einem vielfältigen Mix aus allen zur Verfügung stehenden Finanzierungsprodukten und -strukturen und einem breit aufgestellten Gläubigerportfolio werden die kommunalen Akteure in der Lage sein, die enormen Anforderungen zu stemmen, die an sie gestellt werden. Ihnen kommt eine entscheidende Rolle für die nachhaltige Transformation zu.

nicole.silberhorn@unicredit.de

Info

Nicole Silberhorn ist Leiterin Public Sector Deutschland bei der UniCredit Bank GmbH, Thomas Fuchs ist Director DCM Public Sector Origination Deutschland bei der UniCredit Bank GmbH.

Dieser Gastbeitrag ist zuerst in der aktuellen Ausgabe 3/2024 von Der Neue Kämmerer erschienen.