Eigentlich sollte die Grundsteuerreform 2025 aufkommensneutral umgesetzt werden. Dazu haben die Länder für ihre Kommunen aufkommensneutrale Hebesätze errechnet. Doch die wachsenden Fehlbeträge in den kommunalen Haushalten zwingen viele Städte und Gemeinden bereits 2024 zur Anhebung der Hebesätze. Auch bei der Gestaltung der Hebesätze im kommenden Jahr sind sie nicht zur Übernahme der Empfehlungen des Landes verpflichtet.
Vorzieheffekte der Grundsteuerreform
In Niedersachsen hat nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes jede fünfte Gemeinde den Hebesatz der Grundsteuer B angehoben. Vorstandsmitglied Jan Vermöhlen zeigt Verständnis für die angespannte Finanzlage: „Niedersachsen ist das einzige Flächenland, in dem die Kommunen seit 2019 durchgehend Finanzierungsdefizite verzeichnen. Sparsamkeit allein reicht nicht aus, um die klaffenden Lücken zu schließen.“ Die Grundsteuerreform zeige nun Vorzieheffekte. „Um die politisch zugesicherte Aufkommensneutralität im kommenden Jahr nicht zu gefährden, greifen Kommunen dieses Jahr bereits zur Anhebung der Hebesätze“, vermutet Vermöhlen.
Falsche Erwartungen geweckt
Auch die Hälfte der Kommunen in Nordrhein-Westfalen hat 2024 den Hebesatz der Grundsteuer B erhöht, berichtet der Bund der Steuerzahler NRW. Ebenso wie in Niedersachsen seien die Veränderungen zudem stärker ausgefallen als in den Vorjahren. In Niederkassel wurde mit 1.100 Prozentpunkten ein landesweiter Spitzenwert erreicht. Der Städte- und Gemeindebund NRW sieht die Kommunen zur Erhöhung gezwungen. „Wir warnen seit Jahren davor, dass den Städten und Gemeinden bei der anhaltenden Unterfinanzierung nichts anderes übrigbleiben wird“, sagt Hauptgeschäftsführer Christof Sommer. Das Versprechen der Aufkommensneutralität habe von Beginn an falsche Erwartungen geweckt.
Erhöhung des Verbundsatzes
Kritik übt Sommer auch an den Berechnungen der aufkommensneutralen Hebesätze: Die Musterdaten seien in Teilen schon wieder veraltet. Das Land habe richtigerweise eine Aktualisierung für September in Aussicht gestellt. Richtig sei auch die Forderung des Bundes der Steuerzahler, die Kommunen stärker an den Landessteuereinnahmen zu beteiligen. „Der Verbundsatz im Gemeindefinanzierungsgesetz von aktuell 23 Prozent muss deutlich erhöht werden. Bis in die 80er Jahre hinein lag er stabil bei 28,5 Prozent, seitdem geht es mit den Kommunalfinanzen bergab“, stellt Sommer fest.
g.schilling@derneuekaemmerer.de
Gunther Schilling ist Verantwortlicher Redakteur Public Sector mit Schwerpunkt „#stadtvonmorgen“. Für „Der Neue Kämmerer“ schreibt er insbesondere über die Themen Haushalt und kommunale Unternehmen. Der Diplom-Volkswirt ist seit 1990 als Redakteur in der F.A.Z.-Verlagsgruppe tätig. Das Team von „Der Neue Kämmerer“ verstärkt Gunther Schilling seit Januar 2022. Zuvor war er Leitender Redakteur des Außenwirtschaftsmagazins „ExportManager“.