Die Corona-Kosten der Kommunen in Deutschland sind immens. Insgesamt schätzt der aktuelle Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung den finanziellen Schaden für die Städte, Gemeinde und Kreise im Jahr 2020 auf mindestens 17 Milliarden Euro. Allein die Gewerbesteuer sei in den 13 Flächenländern gegenüber dem Vorjahreswert um fast 9 Milliarden Euro eingebrochen. Ebenfalls sei es zu Verlusten von mehr als 4 Milliarden Euro beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sowie bei den Gebühren gekommen.
Die herben Rückgänge bei den Steuern betrafen dabei vor allem die wirtschaftsstarken Regionen. Laut Bericht ging das kommunale Steueraufkommen allein in Bayern und Baden-Württemberg gegenüber dem Vorjahreswert jeweils um mehr als 1,5 Milliarden Euro zurück. Das sei jeweils deutlich mehr als in den fünf ostdeutschen Ländern zusammen.
Kommunen „abgeschirmt“ von finanziellen Schäden
Dennoch erzielten die Kommunen auch 2020 das sechste Jahr in Folge einen Überschuss, konnten Kassenkredite zurückfahren und ihre Investitionen steigern. „Nur durch ein historisches Hilfspaket von Bund und Ländern konnten flächendeckende Haushaltskrisen abgewendet werden“, schreiben die Autoren des Reports. So seien die Kommunen „großteils abgeschirmt von den finanziellen Schäden“.
Gerade das abgelaufene Haushaltsjahr 2020 habe gezeigt, wie wichtig die Corona-bedingten Stützungsmaßnahmen für die Kommunen waren, sagt auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund in einem Statement. „Ohne sie hätten die Kommunen ein Rekorddefizit von mindestens 12 Mrd. Euro eingefahren.“ Jetzt dürfe nicht gegen die Krise angespart werden.
Alle Hilfsmaßnahmen von Bund und Ländern könnten dabei aufgrund ihrer Vielzahl gar nicht abschließend aufgezählt werden, unterstreichen die Autoren des Berichts. „Diese Hilfen waren notwendig, denn in der Krise muss der Staat handlungsfähig bleiben“, sagt Kirsten Witte, Kommunal-Expertin der Bertelsmann Stiftung.
Allein die Kompensation der Gewerbesteuerausfälle sowie die aufgestockte Bundesbeteiligung an den kommunalen Hartz-IV-Kosten betrug im vergangenen Jahr fast 14 Milliarden Euro. Den größten Anteil daran hatten mit knapp 11 Milliarden Euro die von Bund und Ländern hälftig finanzierte Erstattung der Gewerbesteuerausfälle. Da gleichzeitig die erhöhte Gewerbesteuerumlage planmäßig ausgelaufen ist und die Rezession etwas milder als gedacht ausfiel konnten die Kommunen insgesamt sogar 6 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen verbuchen als im Vorjahr.
„Die Aufstockung dieses Finanzierungsanteils ist für die strukturschwachen Städte ein echter Befreiungsschlag“, sagt René Geißler, Mitautor des Reports und Professor für öffentliche Verwaltung an der Technischen Hochschule Wildau.
Weitere Haushaltskrisen drohen durch Corona-Kosten
Während die Kompensationen bei den Gewerbesteuern eher den wirtschaftsstarken Kommunen genützt habe, erreichten die Hilfen für die Kosten der Unterkunft (KdU) überwiegend sozialschwache Städte. So erhalte beispielsweise die Stadt Gelsenkirchen je Einwohner 20-mal mehr KdU-Entlastungsmittel als wirtschaftsstarke Kreise wie Ansbach oder Unterallgäu in Bayern.
Doch der Ausblick für die kommenden Jahre ist weitaus pessimistischer. Von 2021 bis 2024 erwarten die Autoren des Reports kommunale Defizite im Gesamtumfang von 23 Milliarden Euro. „Ohne neue Finanzhilfen wie Erstattungen von Steuerausfällen und Aufstockung der Investitionsprogramme drohen neue Haushaltskrisen“, sagt Witte. Andernfalls wären die Erfolge der vergangenen Jahre schlagartig aufgezehrt und Zukunftsaufgaben deutlich erschwert.
So argumentiert auch Stefan Schmidt, Sprecher für Kommunalfinanzen der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, in einem Kommentar zum Kommunalbericht. Er fordert einen „erneuten Ausgleich der kommunalen Steuerausfälle durch Bund und Länder für dieses und nächstes Jahr.“ Selbst finanziell sehr solide aufgestellte Städte und Gemeinden liefen andernfalls Gefahr, massive Kürzungen vornehmen zu müssen und Investitionsprojekte abzusagen oder aufzuschieben. Er mahnt weiter an, das derzeitige Investitionsdefizit von knapp 150 Milliarden Euro anzugehen. Es müsse in die Zukunft, „in Bildungseinrichtungen, den ÖPNV oder etwa bürgerfreundliche Verwaltungen“ investiert werden. Andernfalls sähe es düster für kommende Generationen aus.
Info
Anne-Kathrin Meves ist Redakteurin der Zeitung „Der Neue Kämmerer“. Nach dem Studium der Anglistik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften (M.A.) hat sie ein Volontariat beim Deutschen Fachverlag in Frankfurt am Main absolviert. Danach wechselte sie 2011 als Redakteurin zu Frankfurt Business Media, dem FAZ Fachverlag. Zunächst schrieb sie dort für die Magazine „FINANCE“ und „Der Treasurer“. 2018 wechselte sie in das Redaktionsteam von „Der Neue Kämmerer“.